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© Pastoralraum Hitzkirchertal

Geschichte der Pfarrei Hitzkirch

Von «Wagglitalern» und «Seidenherren»

Zwei Begriffe, die ein wenig von der Geschichte und den Geschichten in und um unserer Pfarrei erahnen lassen.

Sie ist eng mit der Entwicklung der Gemeinde Hitzkirch verbunden. An der Pfarrei lässt sich die  Zentrumsfunktion für die umliegenden Orte aufzeigen und das obwohl der kleine Ortsteil Richensee historisch gesehen, älter ist und erst vor gut 100 Jahren zu Hitzkirch kam.

Der Name «Wagglitaler» erinnert bis heute an die Konfessionswechsel während der Zeit der Reformation. Als Beweis und zur Festigung des «richtigen» Glaubens wurde der damalige Bannritt in eine eucharitischen Auffahrtsprozession umgewandelt, die bis heute zur lebendigen Tradition unserer Pfarrei gehört. 

Die Hitzkircher werden bis heute in den umliegenden Dörfern oft auch «Seidenherren» genannt. Unter anderem durch die Herrschaft der Deutschritter in der weithin augenfälligen Kommende und dem früheren Lehrerseminar, übte Hitzkirch eine gewisse Zentrumsfunktion aus. Es gab daher immer auch Professoren und Doktoren, welche nebst den bäuerlich geprägten Umgebung als höhere Herren wahrgenommen und entsprechend bezeichnet wurden.

Ursprünge der Ortsgeschichte

Bereits in der Jungsteinzeit war diese Region besiedelt, wie Ausgrabungen rund um den Baldeggersee belegen. Die frühesten Siedlungsspuren im unteren Seetal stammen aus der Zeit um 4000 v. Chr. Der Schwerpunkt lag damals in Richensee, am Ausfluss des Baldeggersees, im Gebiet des Aabachs. 

Klarer greifbar wird die Geschichte des Seetals nachdem die Römer im Jahre 58 n. Chr., an der Schlacht bei Bibracte die Helve­tier besiegten, denn sie romanisierten vom römischen Legionslager vindonissa aus auch das Seetal.

Bei Ausgrabungen unter der Pfarrkirche wurden 1983 Reste eines römischen Gutshofs gefunden.

Später wanderten Alemannen ein. Und man kann davon ausgehen, dass römisch-helvetische und alemannische Volksgruppen nach 500 ne­beneinander im Seetal gelebt haben. Die Ausgrabungen unter der Pfarrkirche legen nahe, dass dieses Gelände schon im frühen Mittelalter als Friedhof benutzt wurde. Man hat damals Alemannengräber aus dem 7./8. Jahrhundert gefunden.

Beachtenswert ist ein Kreuz, das als Grabbeilage gefunden wurde. Es könnte auf eine frühe Christianisierung schon zur Zeit Karls des Grossen hinweisen.

In dieser Zeit entwickelte sich im fränkischen Raum das System der Grundherr­schaft heraus. Im Seetal waren vor allem Adelige und Klöster Eigentümer von Grund und Boden.

Es muss wohl angenommen werden, dass über der alemannischen Begräbnisstätte die erste Kirche gebaut wurde: Die Ei­genkirche des Hilti, «Hiltischilche».

Wann dies genau geschah, lässt sich nicht datieren, jedoch sicher deutlich vor der ersten urkundlichen Erwähnung im 13. Jahrhundert.

Der Deutschritterorden in Hitzkirch

Der 1. Kreuzzug 1096-1099 führt zur Eroberung von Jerusalem und zur Gründung von vier Kreuzfahrerstaaten. In dieser Zeit dienen dort vor allem ritterliche Ordensgemeinschaften der medizinischen und logistischen Unterstützung von christlichen Pilgern, welche die biblischen Stätten besuchten. Später kam auch Schutz und Geleit der Gläubigen in den militärisch immer wieder umkämpften Gebieten hinzu.

So entsteht 1190 aus einem im Heiligen Land gegründeten Hospital eine neue geistliche Ordensgemeinschaft: Der Deutsche Orden, auch Deutschherren- oder Deutschritterorden genannt.

1236 kommt der Deutschritterorden nach Hitzkirch, nachdem Graf Hartmann dem Älteren von Kybrug ihm seinen Besitz überlässt. Dieser Orden ist für die geschichtliche Entwicklung der Pfarrei und der ganzen Gemeinde bedeutsam.

Ihre Ordensburg, die Kommende, wurde im laufe der Zeit zum wirtschaftlichen und geistigen Zentrum der Region.

Der Orden war Arbeitgeber für viele Dorfbewohner, die sich in der Folge auch in der Nähe der Kommende ansiedelten. Neben den Handwerkern und dem Dienstpersonal gehörte dazu auch ein Schulmeister und ein Coiffeur, der gleichzeitig für medizinische Belange zuständig war. 

Der Vorsteher der Ordensniederlassung, der Komtur, besass das Kollaturrecht, d.h., er konnte den Pfarrer einsetzen und so das religiöse Leben der Pfarrei beinflussen. Wenn er die Pfarrei nicht selbst leitete, setzte er einen Stellvertreter, einen Leutpriester, ein. 

Der Deutschritterorden hat in Hitzkirch im Laufe der Zeit zwei prachtvolle Bauten errichten lassen: die barocke Kirche und die Kommende, ein repräsentatives Ordensschloss.

Nachdem das Amt Hitzkirch 1803 durch die von Napoleon Bonarparte eingesetzte Mediationsakte zum Kanton Luzern kam, hob die Luzerner Regierung 1806 die Kommende Hitzkirch auf. Anstelle des Komturs trat der Staat Luzern, der damit einerseits das Recht hatte, die Seelsorger der Pfarrei zu wählen und sie andererseits auch zu besolden hatte.

Erst 1973 wurde der Kanton von der Kirchgemeinde von seinen Kollaturverpflichtungen entbunden.

Die Wagglitaler und der Auffahrtsumritt

Die Zeit der Reformation war für die Pfarrei eine markante Zäsur. Unter dem Einfluss von Komtur Hans Albrecht von Mülinen (1480–1540) und dem Landvogt Thomas Meyer, aus Zürich trat die Pfarrei 1528 zum evangelischen Glauben über.

Zum Gebiet der Pfarrei gehörten damals: Altwis, Bleulikon, Ermensee, Gelfingen, Hämikon, Heidegg, Herlisberg, Hitzkirch, Klotisberg, Lieli, Mosen, Müswangen, Richensee, Rüedikon und der östliche der Landstrasse gelegene Teil der Gemeinde Aesch.

Die Spannungen zwischen den katholisch geblieben und den reformierten Orte eskalierten und vor dem zweiten Kappeler Religionskrieg 1531 zogen katholische Truppen nach Hitzkirch und zwangen die Bevölkerung zum katholischen Glauben zurück zu kehren.

Hitzkirch und sieben andere abtrünnige Pfarreien aus dem Freiamt wurden für meineidig und treulos erklärt und mussten hohe Geldbussen bezahlen.

Immer wenn ein neuer Landvogt sein Amt antrat, wurde am offiziellen Schwörtag den Abtrünnigen vorgehalten, dass sie meineidig und ketzerisch gewesen seien. Erst 1568 wurde Hitzkirch den andern Gemeinden wieder gleichgestellt.

Diesem Umstand verdankt Hitzkirch den Namen «Wagglitaler».

Kirchlich wurde in dieser Zeit, um den wieder eingeführten katholischen Glauben dauerhaft zu festigen, mit Johann Feer ein erfahrener Pfarrer eingesetzt. Feer stammte aus Sempach und war in Beromünster als Pfarrer tätig.

In diesem Zusammenhang hält Emil Achermann in seinem Buch «Mein Tal» fest, dass der vom Komtur und dem Leutpriester im Frühsommer durchgeführte mittelalterliche Bannritt, als alter rechtskundlicher Brauch, 1532 von Johann Feer, dem damaligen Pfarrer von Hitzkirch in die eucharistische Prozession umgewandelt und in den Dienst der Rekatholisierung der Talschaft gestellt wurde. Der Auffahrtsumritt wurde also zur Stärkung und Betonung klarer Verhältnisse eingeführt.